„Galettes“ sind das bretonische Pendant zur Pizza: Teigscheiben, die mit alle möglichen Zutaten belegt werden. In der Bretagne wird allerdings kein Hefeteig sondern ein Teig aus Buchweizenmehl und Wasser genommen, der auf einer heißen Eisenplatte (der so genannten Crêpière) hauchdünn gebacken wird. Wie bei der Pizza bietet der Belag unendliche Variationsmöglichkeiten und die Ergebnisse werden gern kreativ benannt.
Ein Restaurant, das uns wegen seiner hervorragenden Galettes empfohlen wurde, ist das „Blé noir“ in Marburg. Am 7. Januar 2020 machten wir uns mit unseren funkelnagelneuen Seniorentickets auf den Weg. Unser Tag im Video:
Die Fahrt:
RB41 bringt uns auf direktem Weg superpünktlich nach Marburg. Stolz präsentieren wir der netten Zugbegleiterin unsere Plastikkärtchen. Wir seien nicht die ersten, erklärt sie uns gut gelaunt – „Und die freuen sich alle“. Einziger Wermutstropfen: etliche Fenster sind mit Grafitti vollgesprüht, ein Teil der hessischen Landschaft bleibt somit unsichtbar.
In Marburg geht es mit dem Bus weiter. Die Haltestelle ist leicht zu finden, der Bus ebenfalls pünktlich und wenige Minuten später stehen wir vor dem Blé Noir, wo wir mit Freunden verabredet sind.
Speis & Trank:
Das Blé Noir liegt in einem Fachwerkhäuschen in der Nähe der Uni-Mensa. Zum Glück hatten wir rechtzeitig einen Tisch reserviert, denn das Lokal ist winzig klein, sehr beliebt und daher oft ausgebucht. Von unserem Tisch hatten wir einen guten Blick in die ebenfalls winzige Küche. Alle Galette werden frisch gebacken, hauchdünn, eine nach der anderen und kreativ belegt. Das braucht seine Zeit und entsprechend ist das Blé Noir alles Andere als ein Schnellimbiss, man sollte also Zeit mitbringen – doch es lohnt sich!
Beim Blick in die Speisekarte werden Urlaubserinnerungen wach. Douarnenez, Pointe du Raz, Île de Sein … für Frankophile reichlich Lektüre zum Träumen.
Wir haben uns für die Galettes „Erdeven“, „Concarneau“, „Luberon“ und „La Faouët“ entschieden. Dazu einen sehr angenehmen „Cidre Kerné fruité“, und zum Abschluss ein Glas „Pommeau de Bretagne“.
„Pommeau“ war für uns neu – das likörartige Getränk mit 17 % Alkohol „wird aus frisch gepresstem Apfelsaft hergestellt, der durch Hinzufügen von Calvados am Weitergären gehindert wird“ (Wikipedia).
Sehenswertes:
Gleich hinter dem Blé Noir beginnt der historische Stadtteil Weidenhausen, ein Brückenvorort am linken Lahnufer mit schönen, meist gut restaurierten Fachwerkbauten. Die Lahnbrücke bei Weidenhausen war früher der einzige Zugang zur Stadt von Osten. In der Weidenhäuser Straße drängten sich Handwerksbetriebe und Läden, in denen sich die Bewohner des Umlands mit „städtische“ Produkten eindecken konnten. Der Bau weiterer Lahnbrücken, der Eisenbahn und zuletzt der Stadtautobahn haben den Stadtteil von der wirtschaftlichen Entwicklung Marburgs etwas abgekoppelt. Dafür ist Weidenhausen nun eines der beliebtesten Wohnviertel.
Im Sommer geht es hier bestimmt lebhafter zu als jetzt im Januar. Wir werden bestimmt wiederkommen und an einem lauen Sommerabend am Lahnufer das eine oder andere Getränk zu uns nehmen 😉
Das Lahnufer oberhalb vom „Grüner Wehr“ heißt im Volksmund „Klein Venedig“. Was hier sofort ins Auge fällt sind Plakate, auf denen gegen Sanierungspläne für das jahrhundertealt Wehr protestiert wird. Der Streit brodelt schon seit Jahren: die Stadt hat Pläne für eine Sanierung des Kulturdenkmals vorgelegt, die bei den Anwohnern Angst und Schrecken verbreiten. Befürchtet werden gravierende Eingriffe in die Natur und die Anhäufung von viel Beton. Die Stadt versichert zwar, dass man in engem Dialog mit den Bürgern weiterplanen wolle. Wer allerdings die Marburger Stadtautobahn gesehen hat, die seit den 70er Jahren die Stadt auf brutalstmögliche Weise zerteilt kann nachvollziehen, dass viele Marburger Bürger bei öffentlichen Bauplanungen sehr sehr misstrauisch sind …
Die Rückfahrt:
Mit RE30 geht es pünktlich ohne Zwischenstop nach Gießen. Der Anschlusszug RB49, der uns nach Butzbach bringen soll, ist mit gerade mal 5 Min. Verspätung auch gut in der Zeit. Reichlich Stoff zum Grübeln liefert die Anzeigetafel in Gießen: „RB49 von Friedberg(Hessen) – Bitte nicht einsteigen – Zug endet hier!“ lesen wir und sind irritiert. Wir folgen dann aber doch dem Beispiel aller anderen Wartenden und klettern in den Zug, der sich inzwischen unmerklich in den „RB49 nach Friedberg(Hessen)“ verwandelt hat, den wir offenbar besteigen dürfen.
Eine humorvolle Durchsage in breitem Hessisch klärt uns über die Hintergründe der kleinen Verspätung auf und wenig später endet in Butzbach unsere Jungfernfahrt mit dem Seniorenticket. Es war ein gelungener Auftakt!
Das macht doch Spaß … eine Bahnfahrt nach Marburg + dann ein feines Essen in unserem Lieblingslokal „Blé Noir“! Ich muss gestehen, dass wir ab und zu unsere Reisen von Ostfriesland nach Hessen so planen, dass wir auch einen Stopp in MR einlegen, um im „Blé Noir“ zu genießen 🙂 Wir wünschen weiterhin viele schöne Fahren mit dem Seniorenticket und viel Spaß beim Entdecken. Liebe Nordsee-Grüße, wir verfolgen das „Abenteuer“ weiter. Margot S.
Danke! Wir sind sicher, dass wir viel Erleben werden!